LiSA stress das Prüfungsamt

Die Empörung über das neue noch striktere Vorgehen des Zentralen Prüfungsamtes (ZPA) ist groß. Die eigenmächtige Auslegung der Prüfungsordnung durch das ZPA ist dabei nicht als zufällige Laune abzutun. Sie reiht sich nahtlos in die fortschreitende Ökonomisierung der Hochschulen ein. Ziel ist es, Studierende möglichst kostengünstig in „Regelstudienzeit“ durch das Studium zu hetzen. Für individuelles, gar selbstbestimmtes Studieren bleibt ganz bewusst immer weniger Platz – in unserem eigenen Interesse, wie regelmäßig betont wird.

Dabei ist die prekäre Lage des ZPA seit Jahren bekannt. Eine viel zu kleine Zahl an Mitarbeiter*innen ist für sieben Fachbereiche und damit für zig Studiengänge gleichzeitig zuständig, in denen immer mehr Prüfungen stattfinden. Aber bereits unabhängig von der Personalausstattung bedeutet das „zentrale“ an diesem Prüfungsamt, dass ihm all die verschiedenen Studieninhalte, -verläufe und -kulturen notwendigerweise fremd bleiben. Es ist ein Verwaltungsmonster, dass alles passend macht, was nicht der Logik von Effizienz und Verwertbarkeit entspricht.

Doch die Uni stellt weder zusätzliches Personal bereit noch löst sie das ZPA endlich zugunsten von dezentralen Prüfungsämtern auf, wie sie in den Fachbereichen 1 bis 5 existieren. Stattdessen setzt das Rektorat seit Jahren auf Umstrukturierungen, die ihrer- seits für viel Geld von externen Beratungsagenturen erdacht werden. Die Richtung ist dabei eindeutig: Verwaltungsangestellte und ihre Berater*innen, die beide nichts mit Bildungsprozessen am Hut haben, ziehen das formale Korsett unseres Studiums immer enger. Dies führt zu geradezu absurden Vorgehensweisen. Anfang des Jahres begann das ZPA eigenmächtig mit der Vergabe der Note Fünf, wenn es nach eigener Auffassung schon zu lange auf Prüfungsergebnisse warten musste. Als Folge wurde Kommiliton*innen mit Exmatrikulation gedroht.

Aus Sicht einer Hochschulpolitik, die alles studentische Verhalten unter Kontrolle bekommen will, ist das logisch und konsequent. Als Rationalisierungsmaßnahme, die vorgeblich die Mitarbeiter*innen des ZPA „entlasten“ soll, passt er zu einer neoliberalen Universität und geht zu Lasten studentischer Freiheiten. Am Ende stehen neue bürokratische Hürden und Disziplinierungsmaßnahmen, die uns Studis weiter unter Druck setzen, unser Studium nach immer detaillierteren Vorgaben schneller zu absolvieren. Durch die Hochschulreform der vergangenen zehn Jahre ist die Uni längst zu einer dem Abi folgenden Sekundarstufe 3 deformiert. Von selbstbestimmten Lernen hat sie sich weiter entfernt denn je: Pflichtveranstaltungen, Massenabfertigung, Anwesenheitspflicht, Prüfungsstress und irgendwie noch ein Pflichtpraktikum in den Semesterferien.

Rigoros soll es jetzt einem der verbliebenen Schlupflöcher an den Kragen: Wer sich zu Beginn des Semesters für eine Prüfung anmeldet, soll diese möglichst schnell ablegen müssen. In sich wirkt das schlüssig. Aber warum eigentlich zu Beginn des Semesters anmelden? Warum überhaupt anmelden und nicht hinterher einfach nur die Note einreichen? Warum überhaupt die Note einreichen bevor die Anmeldung zur Abschlussarbeit ansteht? Warum vorher überhaupt für jede Veranstaltung eine Prüfung? Und warum benotet? Das sind Fragen, die eine so selbstverständlich gewordene Normalität dieser Uni anzweifeln, dass sie geradezu absurd wirken. Jedoch, ist diese Normalität gerade mal ein Jahrzehnt gewachsen. Erst in dieser Zeit des Bolognaprozesses wurden Kreditpunkte und Module eingeführt und die Anzahl der Prüfungen mehr als ver- doppelt. Erst in dieser Zeit wurde mit PABO ein „elektronisches Prüfungsmanagement“ etabliert. Dessen Funktionalität ist so eingeschränkt und starr, dass nach seiner Anschaffung nicht etwa eine Software an den vielfältigen Studienalltag angepasst wurde, sondern umgekehrt, die Prüfungsordnungen an eine Software.

NICHT MIT UNS!

Mit der willkürlichen Vergabe von Noten hat sich das ZPA verrannt. Erst im Januar eingeführt ist dieses Vorgehen auf unseren studentischen Widerstand hin schon wieder abgeschafft. Ein Erfolg, der zeigt, dass es sich für uns Studis lohnt, sich zur Wehr zu setzen. Doch davon unbenommen wird krampfhaft an der Vorstellung festgehalten, dass wir Studis unsere Prüfungen in einem engen und klar definierten Zeitraum abzulegen haben. Dabei gibt es dafür gar keine klare formale Grundlage. Deshalb gehen wir mit dem AStA und den Betroffenen weiter gegen diese Anmaßungen vor. Unsere Proteste und Gespräche haben sogar gezeigt, dass selbst die Wissenschaftsbehörde und die Landespolitik gerne auf die existierende „Drei-Semester-Regelung“ für Wiederholungsprüfungen verzichten würden. Lasst uns also weiter Druck machen, damit die Regelung aus der Prüfungsordnung gestrichen wird.

Wir wollen nicht, dass unser Studium durch die Automatismen standardisierter Verfahren reglementiert und eingeschränkt wird. Wir wollen grundsätzlich selbst entscheiden, wann wir welche Veranstaltung besuchen und die uns auferlegten Prüfungsleistungen ablegen. Die andauernde Hochschulreform hingegen zielt auf leistungsorientierte Konformität. Ihr scheinheiliges Versprechen von individuellem Erfolg bei Androhung des eigenen Scheiterns soll alternative Studienverläufe undenkbar machen. Wo dies nicht funktioniert, wird, wie jetzt vom ZPA, bis zum Äußersten sanktioniert. Diese Entwicklungen gehört nicht nur gestoppt, sondern umgekehrt. Lasst uns überall für mehr Selbstbestimmung im Studium kämpfen.