Vollversammlung

Redebeitrag von LiSA bei der studentischen Vollversammlung am 27.01.2015

10411207_390870087750965_1253249464824164772_n

Hallo

Ich bin Kristin von LiSA, der Liste der StudiengangsAktiven. Ich rede jetzt hier für das Referat für Hochschulpolitik des AStAs:

Als ich 2008 an die Uni kam, begegnete ich hochschulpolitisch aktiven Student*innen, die sich vehement gegen den HEP V wehrten. Der sah vor, die Bremer Uni um 25 % zu kürzen. Auf der heutigen VV geht es um den Wissenschaftsplan 2020 und somit – schon wieder – um Kürzungen.

Unsere Kämpfe dagegen sind Abwehrkämpfe. Kämpfe um den Erhalt des Status Quo, der doch wohl alles andere als perfekt ist. Wir müssten eigentlich nicht nur den jetzigen Zustand verteidigen, sondern darüber hinaus für eine Verbesserung unserer Studiensituation streiten. Denn sonst kann doch nie etwas besser werden. Zwischen all dem Leistungsdruck, dem Hetzen von einer Prüfung zu anderen, von einem Schein zum nächsten, haben wir ja nicht mal Zeit zum richtigen Studieren und noch weniger zum Durchatmen, Nachdenken oder gar Visionen spinnen. Um also wirklich etwas zum Positiven zu verändern, müssen wir zu allererst aufhören all die Erwartungen zu erfüllen, die hier an der Uni an uns gestellt werden, all den Plänen nachzueifern, die für uns gemacht wurden. Gerade deshalb bin ich begeistert, dass ihr alle heute trotz beginnender Prüfungsphase da seid!

Lasst uns hier heute alle zusammen zum Ausdruck bringen, was wir von den Kürzungen halten: Sie sind zum Kotzen, wir wollen sie nicht!

 

Doch unsere Meinung zu sagen reicht nicht aus, wenn sich an dieser Uni gerade mal wieder einige wenige in einem vorgeblich auch noch demokratischen Verfahren anmaßen ohne uns über unsere Studienbedingungen zu entscheiden. Von den Arbeitsbedingungen der zu 88 Prozent befristet und häufig prekär beschäftigten Mitarbeiter*innen ganz zu schweigen. Wenn wir das, was wir hier sagen ernst meinen, dann muss dazu gehören, die Kürzungen nicht widerstandslos hinzunehmen. Wir müssen uns mit allen nötigen Mitteln dagegen zu wehren.

Der Slogan der über drei Jahre erfolgreichen HEP V-Proteste war: „Über Kürzungen wird nicht diskutiert, Kürzungen werden bekämpft!“. Ohne studentischen Protest hätten damals die Kürzungen viel schneller durchgesetzt werden können. Wären die HEP V-Proteste nicht so stark, vehement und konsequent gewesen, wären 70 von 320 Professuren samt ihrer Mitarbeiter*innen einfach so gestrichen worden. Stattdessen wurde jahrelang ein eindeutiges Signal an die Unileitung und Bremer Landespolitik gesendet: An der Uni ist nicht einfach so zu kürzen! Es gibt keinen Grund hinter den Protesten von damals zurück zu bleiben. Für uns heißt das gleich morgen früh wieder: Kürzungen werden nicht diskutiert, sondern bekämpft!

Es gibt wirklich keinen Grund hinter den Protesten von damals zurück zu bleiben. Im Gegenteil. Denn was dieses Mal geplant wird, hat noch umfassendere Auswirkungen als das letzte große Sparvorhaben im Bremer Wissenschaftshaushalt. Das von unserer Unileitung und ihren Gremien klar formulierte Ziel einer Verdoppelung der sogenannten Verwaltungsgebühr trifft uns alle. De facto sollen wir für schlechtere Studienbedingungen auch noch mehr zahlen. Was für ein Hohn!

Klar mag manch eine*einer jetzt sagen, dass 90 € pro Semester sicher nicht die Welt sind. Doch steigt unser Semesterbeitrag so schon viel zu oft und viel zu schnell, sodass es für diejenigen ohne BAföG, Stipendium oder reiche Eltern noch schwerer wird, überhaupt zu studieren. Schon jetzt fällt es den meisten von uns nicht leicht, sich ihr Studium zu leisten. Student*innen noch mehr zur Kasse zu bitten, heißt sich das Geld von denen zu holen, deren Durchschnittseinkommen eh schon unter der Armutsgrenze liegt. Öffentliche Hochschulen aus der Tasche der Student*innen zu finanzieren, heißt einen internationalen Spitzenplatz zu verteidigen. Den Spitzenplatz, den Deutschland seit Jahr und Tag einnimmt in der Abhängigkeit des Bildungsweges vom Einkommen der Eltern.

Überhaupt, es ist doch absurd eine Gebühr für die eigene Verwaltung zahlen zu müssen. Habt ihr schonmal gehört, dass Schüler*innen ihre Schulsekretär*innen selbst zahlen müssen? Meint ihr das Rektorat würde seine persönlichen Referent*innen im Vorzimmer selbst bezahlen? Aber wir sollen uns diesen Blödsinn gefallen lassen? Verwaltungsgebühren sind doch nichts anderes als verkappte Studiengebühren. Und Studiengebühren führen zu nichts anderem als zu einer schärferen sozialen Selektion. 2005 vom Bundesverfassungsgericht nach mehr als 30 Jahren wieder zugelassen, sind sie Teil der größten Hochschulreform seit den 60er Jahren: Der Ökonomisierung der Universitäten nach neoliberalem Vorbild. Das steht dem Prinzip von freier Bildung diametral entgegen.

An dieser Stelle will ich kurz noch eine Protestwelle weiter in die Vergangenheit gehen. Als sich 2003 alles um Studiengebühren drehte und Bremen die Verwaltungsgebühr in Höhe von 50 € einführen wollte, wurde die Uni drei Woche bestreikt. Das MZH, das GW2, der Sportturm und andere Gebäude waren verbarrikadiert. Wegen 50 € pro Semester.

Freie Bildung ist das, wofür LiSA gemeinsam mit den anderen linken Listen im AStA aktiv eintritt. Wie gut das in Zukunft noch gehen wird, hängt jedoch von der Entschlossenheit unserer jetzigen Proteste ab. Denn diesmal ist sogar die studentische Selbstverwaltung von den geplanten Kürzungen betroffen. Gekürzt werden soll die seit Gründung der Uni bestehende Verwaltungsstelle des AStA. Schon jetzt ist die Stelle seit einem halben Jahr unbesetzt. Schon jetzt wird die Arbeit von uns zu einem Teil ehrenamtlich geleistet, zum anderen Teil anderweitig vergeben. Das kostet uns einerseits als Studierendenschaft Geld. Geld, das wir zum Beispiel viel lieber in die BAföG- und Sozialberatung investieren würden. Andererseits kostet die zusätzliche Bürokratie den hochschulpolitisch Aktiven Zeit und Energie, die dann für die inhaltliche Arbeit fehlt. Um es deutlich zu sagen: Die Uni will dort kürzen, wo studentischer Protest am ehesten entstehen kann. Das lassen wir uns nicht gefallen und fordern den Erhalt und die sofortige Wiederbesetzung der Stelle! Seit ihrer Gründung gehört es zu den demokratischen Gepflogenheiten dieser Uni die Studierendenschaft in ihren kulturellen Aktivitäten und ihrer politischen Willensbildung zu unterstützen. Das muss auch so bleiben!

Dass wir Student*innen handlungsfähig sind, haben wir bereits am 17. Dezember gezeigt und etwas erreichen können. Mit uns ist auf jeden Fall zu rechnen, wenn es um Entscheidungen geht, die uns massiv betreffen und dennoch einfach über unsere Köpfen hinweg entschieden werden sollen. Das werden wir auch morgen wieder zeigen. Der Akademische Senat wird wieder tagen. Wir werden ihn wieder verhindern. Und wenn es sein muss, werden wir im Sommersemester den Bürgerschaftswahlkampf zum Desaster machen. Wir lassen uns nicht nehmen, was uns gehört. Und erst recht, kaufen wir es nicht zurück. Widersetzen wir uns deshalb gemeinsam diesen Kürzungen. Kämpfen wir für eine Ausfinanzierung des gesamten Bildungs- und Wissenschaftsbereiches!

Für eine solidarische Uni!

Für ausreichend Zeit!

Für freie Bildung!