Protest Rückblick

LiSA meint:
>> Das frühe Aufstehen hat sich gelohnt

Mitte Dezember 2014 drang eine Liste verheerender Kürzungsmaßnahmen an die Uni-Öffentlichkeit, die unter anderem eine Erhöhung der Semesterbeiträge vorsah und in der Sitzung des akademischen Senats (AS) am 17.12.2014 verabschiedet werden sollte. Als das Paket schließlich 3 Monate später beschlossen wurde, war dies nur durch einen undemokratischen Eilentscheid des Rektors möglich und von Semesterbeiträgen keine Rede mehr. Aber der Reihe nach…

Die trotz lang anhaltender, massiver studentischer Proteste im August 2014 vollzogene Verabschiedung des Wissenschaftsplan 2020 ließ für die Bremer Hochschulen nichts Gutes verheißen. Der Plan steht für eine Ökonomisierung von Bildung, internen wie externen Konkurrenzkampf und prekäre Beschäftigungsverhältnisse. Zudem sieht er für die Universität Bremen bis zum Jahr 2020 eine Budgetkonsolidierung vor, was konkret bedeutet, dass in Zukunft jährlich etwa 8 Millionen Euro eingespart werden sollen. Doch all unsere Aktivitäten (Infowoche, Protestcamp, 4000 Broschüren usw.) konnten den Wissenschaftsplan bis dato nicht stoppen. Stattdessen erarbeitete die Haushaltskommission unter Anleitung des Kanzlers Mitte Dezember eine umfassende Kürzungs-Beschlussvorlage, die die Mitglieder des akademischen Senats (AS) noch in einer knapp zwei Wochen später angesetzten Sitzung beschließen sollten.

LiSA war erschüttert! Es drohte ein geräuschloses, von der Öffentlichkeit nicht wahrgenommenes Durchwinken der Beschlussvorlage. Als Teil des AStAs und Verantwortliche des Hochschulpolitischen Referats, sahen wir uns zunächst in der Pflicht, die von Kürzungen und Schließungen betroffenen und von der Uni-Leitung über die geplanten Maßnahmen im Dunkeln gelassenen Einrichtungen zu informieren. Zudem versuchten wir durch intensive Recherchearbeit, der genauen Bedeutung der in der Vorlage der Haushaltskommission nur mittels Überschriften und geschätzter Kürzungspotentiale angegebenen Maßnahmen auf den Grund zu gehen. Diese Tätigkeit führte schließlich zu einer ausführlichen Publikation, in der die Hintergründe und möglichen Auswirkungen aller geplanten Kürzungen penibel aufgelistet waren, und die auch im weiteren Verlauf als zentrale Diskussionsgrundlage dienen sollte.

Gleichzeitig wuchs in uns und den Aktiven des Aktivenplenums der Entschluss, die geplanten Kürzungen keinesfalls widerstandslos hinzunehmen. Um ein starkes Zeichen gegen das intransparente und überhebliche Vorgehen der Uni-Leitung zu setzen und einen offenen, umfangreichen Uni-weiten Diskurs über die angedachte Kürzungspolitik erst zu ermöglichen, blieb uns nichts anderes übrig, als die kommende AS-Sitzungen zu blockieren. Denn obwohl Student*innen die größte Statusgruppe an der Universität stellen und von den Kürzungen massiv betroffen wären, sitzt im AS eine Minderheit von 4 Studierenden, einer Mehrheit von 12 Professor*innen gegenüber, wobei die restlichen 6 Sitze wissenschaftlichen und sonstigen Mitarbeiter*innen zugeordnet sind. Angesichts dieser Verteilung finden wir es lächerlich, bei Entscheidungen im AS von demokratischen Prozessen zu sprechen, zumal 5 Professor*innen nicht einmal gewählt sind, sondern als Dekane Kraft ihres Amtes im AS vertreten.

So kam es, dass sich am 17. Dezember mehr als 300 Student*innen um 07:30 Uhr auf der AStA-Etage einfanden, um im Anschluss geschlossen mit Transpis, Gitarren und Kochtöpfen bewaffnet zum Senatssitzungssaal zu strömen und die dort um 9 Uhr angesetzte AS-Sitzung zu blockieren. Um nach dieser erfolgreichen ersten Verhinderung des Kürzungsbeschlusses eine vernünftige Debatte anzustoßen, organisierte LiSA als Teil des Aktivenplenums im Vorfeld der nächsten anstehenden AS-Sitzung im Januar eine Uni-weite Debatte, zu der alle Mitglieder der Universität und insbesondere alle AS-Mitglieder persönlich eingeladen wurden. Zwischen den etwa 40 Teilnehmer*innen entspann sich dann auch eine spannende, vor allem an Tischgruppen intensiv geführte, Diskussion, da jedoch niemand aus der Gruppe der Professor*innen dem Ruf gefolgt war, blieb diese ohne Konsequenz für die Haltung des AS.

Ende Januar fand zudem eine durch den AStA einberufene studentische Vollversammlung statt, auf der sich alle Anwesenden einstimmig gegen die Kürzungsvorhaben der Haushaltskommission und für einen grundlegenden politischen Richtungswechsel, nämlich den gemeinsamen Kampf für eine Ausfinanzierung des Bildungs- und Sozialbereiches, aussprachen. Da diese studentischen Stimmen jedoch von Seiten des AS und der Uni-Leitung nicht gehört wurden, und eine Neuauflage der Kürzungs-Beschlussvorlage nur wenige kosmetische Änderungen enthielt, verhinderten aktive Student*innen am 28. Januar erneut die Sitzung des AS und damit auch den drohenden Kürzungsbeschluss. Im Februar folgten schließlich zwei Sondersitzungen, in denen der AS erstmalig auf die studentischen Proteste reagierte und einen Austausch über die Kürzungsvorhaben zuließ. Doch die von uns angestoßene Diskussion, sich als Uni geschlossen gegen jegliche Kürzungen zu stellen, wurde an den Rand gedrängt. Als höchstes beschlussfassendes Gremium drückte sich der AS somit vor seiner politischen Verantwortung und gab klein bei, statt sich entschlossenen gegen Kürzungen zu positionieren.

In letzter Konsequenz sahen sich LiSA und andere Mitglieder des Aktivenplenums gezwungen, die entscheidende AS-Sitzung von Ende Februar wiederum zu verhindern. Wenige Tage später und trotz unseres massiven Protests entschloss sich das Rektorat im Einklang mit allen 12 professoralen AS-Mitgliedern schließlich, die Kürzungen eigenmächtig und wie von der SPD-Bildungssenatorin Quante-Brandt verlangt, per Eilentscheid durchzudrücken.

Trotzdem haben wir in dieser kraftraubenden Zeit viel erreicht! Dank unserer Proteste ist von einer Gebührenerhöhung keine Rede mehr, der Studiengang Psychologie soll nicht mehr abgewickelt, sondern neu aufgestellt werden und das ZERP (Zentrum für europäische Rechtspolitik) wird nicht geschlossen.

LiSA wehrt sich! Mit unserem konsequenten und entschlossenen Vorgehen, haben wir gezeigt, dass niemand so einfach über unsere Köpfe hinweg entscheiden kann. Wie können und werden uns wehren – weil wir viele sind. Dabei ist es wichtig, dass wir unser hochschulpolitisches Engagement nicht losgelöst vom Rest unserer Gesellschaft sehen. Wir kämpfen für freie Bildung für alle.